Brandy – auf Spurensuche im  Penedès

 

Der wolkenlose Himmel über dem Penedès trügt. Vor nicht einmal 24 Stunden sind Unwetter vom Meer kommend über die Hügelketten zogen, haben schwere, tiefliegenden Wolken nach Wochen der Trockenheit ihre Wasserfracht über der Weinbauregion unweit Barcelonas abgeladen. Es riecht jetzt um die Mittagszeit immer noch nach frisch gepflügter Erde, nach Moos am frühen Morgen und nach Mergel. Vereinzelt steht Wasser in kleinen Pfützen, die unter der kräftigen Herbstsonne Kataloniens langsam austrocknen. Den Rebstöcken, die sich fein säuberlich aufgereiht von der Mittelmeerküste bis ins Alt-Penedès auf rund 850 Meter ziehen, geht es offenkundig dennoch prächtig.

 

Stresstest für die Reben

 

“Die Reben brauchen den Stress. Das ist gut für den Wein”, sagt Maria, die Kellnerin, stellt ein wohltemperiertes Glas 2014er Chardonnay von Miguel Torres auf den Tisch und entschwindet ebenso lautlos und fröhlich wie sie gekommen ist. Hier, nur unweit des Restaurants Mas Raball in Sant Martí Sarroca, im kleinen Weiler Vilafrancade de Penedès, hat die Erfolgsgeschichte der Familie Torres im Jahr 1870 ihren Anfang genommen. Bekannt ist das mittlerweile in fünfter Generation - seit 2012 von Miguel Torres Maczassek als General Manager der Torres-Gruppe -  geleitete Familienunternehmen vor allem durch und für seine Weine, die längst nicht mehr nur aus Spanien, vornehmlich Katalonien und Kastilien-León stammen, sondern auch aus eigenen Anbauflächen in Chile und den Vereinigten Staaten. Doch jenseits von Weiß-, Rot- und Rosé-Weinen der Spitzenklasse hat Torres sich in den letzten Jahrzehnten sein Produktportfolio kontinuierlich erweitert. Neben Pisco El Gobernador aus Chile (Muscat und Muscat-Rosé) Magdala, einem Orangenlikör auf Brandy-Basis, dem tief amberfarbenen Torres Spiced, der mit Zimt und Zuckerrohr mazeriert wird und neben den dominanten Zimtaromen auch Vanille und Nelke im Gepäck hat, sowie Torres Aqua D`Or (Ugni Blanc and Folle Blanche!) stehen bei Torres vor allem eine große Auswahl unterschiedlichster Brandys im Fokus.

 

Mit Brandy in der Erfolgsspur

 

Und die haben es in sich. Bereits seit 1928 wird bei Torres nach dem Destillationsprozess im traditionellen Solera-Prinzip („solera“- zu Deutsch „am Boden liegend“), bei dem, kurzgefasst, aus übereinander gestapelten Eichenfässern das jeweils untersten, am längsten gelagerten Fässer zu rund einem Drittel geleert und mit jüngerem Destillat aus der nächsthöheren Reihe befüllt werden, Branntwein produziert.  Als Grundweine dienen heimischen Rebsorten, meist Perellada, Xarello und Macabeo. Doch auch einige französische Rebsorten, die Grundlage sind für die Cognac-Produktion, finden heute Verwendung. Doch dazu gleich mehr.

 

So richtig in Schwung kam bei Torres dieser Geschäftszweig, der dem Vernehmen nach mittlerweile fast 40 Prozent des Konzernumsatzes ausmacht, allerdings erst nach den 1940er Jahren. Umso erstaunlicher ist nicht nur die Produkttiefe; es ist vor allem die Qualität, die Torres-Brandys, Spanier sprechen nonchalant und gern von spanischem „Cognac“, auszeichnet. Angefangen bei der Einstiegsqualität, einem fünfjähringen Brandy, der überwiegend in Südamerika, und hier vor allem in Mexiko, verkauft wird, besticht bereits der auch in Deutschland erhältliche Torres 10, der für sich in Anspruch nehmen kann, der weltweit meistverkaufte spanische Brandy zu sein, durch komplexe Aromen, allen voran Vanille, Zimt, getrocknete Aprikosen und einem fruchtig-leichten Touch Birnentarte. Trotz einer leicht „sprittigen“ Note in der Nase überzeugt schon dieser Jungspund durch einem langen Abgang.

 

 

Verlässlicher Grundakkord für Cocktails

 

Die nächsthöhere Qualitätsstufe, der Torres 15, richtet sich, und daraus macht das Unternhemen auch keinen Hehl, konzeptionell eher an die cocktailschüttelnde Gemeinde und an Traditionalisten, für die beispielsweise ein Sidecar ohne Brandy einem Sakrileg gleichkäme. Intensiv bereits in der Nase, ist der in amerikanischen Eichenfässern im Solera-Prinzip ausgebaute „15“, dann auch tatsächlich aufgrund seiner fein ausbalancierten Aromen - neben Brandy-typischem kommen auch Nüsse und  Trockenfrüchte ins Spiel – ideale Projektionsfläche und ein  verlässlicher Grundakkord für gleich eine ganze Brigade klassischer Cocktails.  Abgerundet wird das Brandy-Portfolio durch eine wahre Aromenbombe, die zu dem besten gehört, was der Markt derzeit zu bieten hat: Mit „Jaime I“, benannt nach dem Unternehmensgründer Jaime Torres Vendrell, stellt Torres seine ältestens „Soleras“ vor, die für mindestens 30 Jahre  reiften. Vanille, Trockenfüchte, Macadamia-Nuss und Toffee – mehr geht kaum für eingefleischte Brandy-Liebhaber.

 

Klare Kampfansage ans Cognac

 

Von der franzzösischen Rebsorten, und hier im Speziellen Ugni Blanc, war bereits die Rede. Und es ist Kampfansage und Provokation zugleich, was Torres mit seinem „20“ präsentiert. Kein Solera, sondern konsequenter Einzelfassausbau zunächst für gut ein Jahr in neuen Eichenfässern und dann umgefüllt auf alte Fässert, Ugni Blanc als stabile Basis und Parellada aus den höheren Lages des Penedès für eine verbüffende Fruchtigkeit – voilá, so sieht „Cognac“ einer neuen Genaration aus, nach der in Frankreich viele Cognac-Häuser suchen und nur wenige, vielleicht Cagnac Camus mit dem Ile de Ré oder Cognac Leopold Gourmel, finden. Hier steigt, wenn die Analogie zum Boxsport gestattet sei, ein bewegliches Mittelgewicht mit einem Schwergewicht in den Ring, geht jedes Tempo mit und schlägt hart zu: Komplex und dennoch leichtfüßig, fruchtig und gleich mit einer ganzen Aromenpalette aus der Weihnachtsbäckerei versehen, elegant, verspielt, langanhaltend - und einfach grandios.

 

Autor: Lars von Rehbinder

Fotos: LvR, Torres

 

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Ist das der Aufnacher?


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